Lieber Prof. Dr. Peter Henning, Sie sind der neue Impulsgeber zu dem Thema Gremientrainings bei Management Alliance. Wie kam es zu der Zusammenarbeit zwischen Management Alliance und HEADSAHEAD?
Im Juli 2024 bin ich als Partner bei HEADSAHEAD eingestiegen, nachdem ich zuvor viele Jahre bei der Deutschen Bank die Themen Corporate Governance und Aufsichtsrat verantwortet habe. In dieser Rolle war ich bereits Vorsitzender des Fachausschusses Effiziente Aufsichtsratsorganisation, dem auch Gabriele Bornemann seit Beginn angehört, deren Expertise ich sehr schätze.
HEADSAHEAD und die Management Alliance sind zudem auch Fachpartner des Arbeitskreises deutscher Aufsichtsrat (AdAR), der sich für die nachhaltige Förderung der Corporate Governance und eine effektive Aufsichtsratsarbeit in Unternehmen engagiert.
So war es eine natürliche Entwicklung, dass auch Ralf Kreutzberg, CEO von HEADSAHEAD, Gabriele Bornemann kennen und schätzen lernte. Menschen, die etwas bewegen wollen, merken schnell, wenn aus gemeinsamen Überzeugungen und Ideen neue Wertschöpfung entsteht. Und dann ist es nur ein kleiner Schritt, seine Ressourcen und Kompetenzen zu bündeln und in eine strategische Partnerschaft zu investieren.
Was uns eint, ist der Anspruch, die Arbeit der Aufsichtsräte besser und nachhaltiger zu machen.
Es verbindet Sie mit der Management Alliance die Mission, dass Governance in Unternehmen ein Garant guter Unternehmensführung ist. Was machen Sie nun anders in Sachen Gremientraining als andere Spezialisten?
Wir folgen einem ganzheitlichen Ansatz und bieten Programme, die passgenau auf die individuellen Bedürfnisse von Unternehmen, Aufsichtsräten und Gremien ausgerichtet sind. Im Fokus stehen dabei immer praktisches Anwendungwissen und umsetzungbereite Lösungen für die aktuellen Herausforderungen.
Im erfolgreichen „Front Row“-Training begleiten wir im Rahmen eines Planspiels zur fiktiven Maschinenbau AG Aufsichtsräte durch die wichtigsten Themen und Herausforderungen im Verlauf eines Berichtsjahres. Das klingt nicht nur spannend, das ist auch immer wieder überraschend. Die Teilnehmer bekommen wie in einer „echten Sitzung“ mittels eines Datenraums vorbereitende Sitzungsunterlagen und müssen dann in der Sitzung ihr Können praktisch unter Beweis stellen. Das ist gar nicht so einfach. Nicht nur einmal wollten Aufsichtsräte unsere Vorständin Bornemann absetzen und in der Sitzung in die Wüste schicken, weil sie mit den Antworten nicht voll zufrieden waren. Kapitalmarktrechtliche Konsequenzen geraten bei hitzigen Diskussionen dann oft auch ins Hintertreffen.
Warum macht es Sinn, professionelle Qualifikation von Aufsichtsräten bis in die kompetente Gremienarbeit weiterzudenken?
Die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder haben sich in den letzten Jahren aufgrund zahlreicher neuer gesetzlicher und regulatorischer Fortentwicklungen aber auch wegen einer zunehmenden Komplexität der Aufgaben und der internen Organisation des Aufsichtsrats deutlich erhöht.
Da braucht es eine umsetzungsstarke Könnenskultur aus Gestaltungswillen und Kompetenzen. Zertifiziertes Fachwissen und persönliche Erfahrungen müssen sich innerhalb der vielfältigen Gremiendynamiken immer erst beweisen. Gut, wenn man dann erfahrene Experten an seiner Seite hat, die helfen Perspektiven zu hinterfragen und neue Ideen zu validieren.
Nicht nur neue Anforderungen aus der CSRD sondern auch die Geschäftsmodelle der Unternehmen mit ihren aktuellen geopolitischen Unsicherheiten erfordern qualifizierte Aufsichtsräte, die als Sparringspartner des Vorstands wahrgenommen und gebraucht werden.
Der Ansatz des Gremientrainings kommt aus dem Deutschen Corporate Governance Kodex. Warum ist die kontinuierliche Fort- und Weiterbildung von Gremien auch bei nicht börsennotierten Gesellschaften von Vorteil?
Grundsätzlich ist es so, dass auch Kapitalgesellschaften, wie z.B. die GmbH, einen Aufsichtsrat benötigen, und zwar dann, wenn die Gesellschaft mehr als 500 Mitarbeiter hat. Damit sind wir oft auch in der Welt des klassischen Mittelstandes bzw. der familiengeführten Gesellschaften.
Ob börsennotierte Gesellschaft oder Familienunternehmen, die Herausforderung bei der Begleitung einer Gesellschaft sind oft die gleichen. Der operative Vorstand oder Geschäftsführer ist gerade in heutigen Zeiten mit der Führung der Gesellschaft voll ausgelastet. Die Chance einer zukunftsweisenden Gremienarbeit liegt darin Aufsichtsräte als Impulsgeber und Sparringspartner zu nutzen und damit Mehrwerte für die Unternehmensführung zu generieren.
Um diese Potenziale voll nutzen zu können, sind Sektorwissen und Qualifikation in einem Gremium notwendig.
Es ist ein Trugschluss, dass jeder gute Manager zwangsläufig auch ein guter Aufsichtsrat ist. Denn der Blickwinkel auf die Gesellschaft und auf seine eigene Rolle sind die Voraussetzung für eine erfolgreiche Gremienarbeit.
Wie können wir eine neue Generation von Aufsichtsräten mit diesem Ansatz noch besser machen?
Indem wir den Handlungsrahmen für Aufsichtsräte klar definieren und schulen.
Wenn wir heute einen Blick in das Aktiengesetz werfen, dominiert unverändert der Kontrollaspekt das Handeln des Aufsichtsrates. Das ist aber nicht unser Verständnis der Gremienarbeit von heute.
Richtig ist aber, dass ein Aufsichtsrat und/oder Beirat die Konsequenzen seines Handelns oder Nicht-Handelns kennen sollte, wenn es um seine persönliche Haftung geht. Erst wenn man die Grauzonen des eigenen Handelns kennt, kann man diese auch aktiv gestalten. Genau zu diesem Punkt ist Qualifikation der Schlüssel zum Erfolg.
Fort- und Weiterbildung ist nur ein Bereich der Governance. Stehen Sie Unternehmen auch mit weiteren Beratungsleistungen zur Seite?
Ja, unser Ziel ist es, den Aufsichtsrat ganzheitlich zu beraten. Dazu gehören Besetzungsfragen inklusive einer effizienten und strategisch durchdachten Nachfolgeplanung ebenso wie die regelmäßige Effizienzprüfung.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der internen Organisation des Aufsichtsrats, einschließlich der Geschäftsordnungen und unterstützenden Funktionen. Wir bieten daher auch Beratung zur internen Organisation und zur effizienten Gestaltung des Corporate Office an, um die Unternehmensführung optimal zu entlasten.
Ein Ansatz, der gerade auch für den Mittelstand und familiengeführte Unternehmen spannend ist. Denn diese Gesellschaften haben den Gestaltungsspielraum, um in Prozessen und Strukturen das Beste aus zwei Welten zu berücksichtigen.
Wenn wir von effizienten Gremien sprechen, was sind die 3 Schlüsselthemen, die zur Effizienz der Governance beitragen?
Das sind zum einen der Einsatz modernster Technologien wie digitale Datenräume, die mit KI arbeiten und damit eine effiziente Unterstützungsfunktion anbieten.
Zum anderen halte ich eine vorbereitende Funktion wie ein Aufsichtsratsbüro für essenziell. Während Vorstände gesetzlich delegieren dürfen, ist dies für den Aufsichtsrat nur eingeschränkt möglich. Unterstützung für den Aufsichtsrat wird in Zukunft ein Qualitätsmerkmal werden.
Und als letzten Punkt möchte ich auf die Bedeutung der Gremienzusammensetzung hinweisen. Die richtigen Gremienmitglieder und Ausschüsse sind entscheidend für eine erfolgreiche und zukunftsfähige Aufsichtsratsarbeit.