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EU-Taxonomie: Was bedeutet die neue Verordnung für Unternehmen und Aufsichtsräte?

Mit der Taxonomie führt die EU eine neue Berichtspflicht zu Nachhaltigkeitskriterien für die Unternehmensgruppe der PIEs sowie Finanzmarktteilnehmer ein. Noch herrscht eine gewisse Unsicherheit, was die Taxonomie mit sich bringt. Wir klären die wichtigsten Fragen für Unternehmen und Aufsichtsräte.

Was ist die EU-Taxonomie?

Die EU-Taxonomie ist eine Verordnung, die für PIEs und Finanzmarktteilnehmer neue Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit einführt. Ziel ist es, Kapitalflüsse in ökologisch nachhaltige Aktivitäten zu lenken.

Ab 1. Januar 2022 müssen diese Unternehmen in den nichtfinanziellen Erklärungen den Anteil ökologisch nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten bezogen auf die Umsatzerlöse, die Investitionsausgaben sowie der Betriebsausgaben angeben.

Für die kommende Berichtssaison sind erstmals Angaben zu zwei von sechs Umweltzielen im Sinne der EU-Taxonomie darzulegen. Dies betrifft die Aspekte:

  • Eindämmung des Klimawandels
  • Anpassung an den Klimawandel

Im Folgenden zeigen wir den vollen Umfang der EU-Umweltziele auf und erklären, wie die korrespondieren ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten definiert werden.

Was sind die Umweltziele laut EU-Taxonomie?

Die EU-Taxonomie definiert sechs übergeordnete Umweltziele, an denen sich alle weiteren Kriterien orientieren:

  1. Eindämmung des Klimawandels
  2. Anpassung an den Klimawandel
  3. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser und Meeresressourcen
  4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Vermeidung und Verhinderung der Umweltverschmutzung
  6. Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme
Wie Sie als Unternehmen gefordert sind: Die Festlegung der ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten im Sinne der EU-Taxonomie

Grundlage für die Berechnung der erforderlichen Kennzahlen im Sinne der EU-Taxonomie ist die Festlegung der als ökologisch nachhaltig definierten Wirtschaftskriterien. Die Taxonomie gibt dafür folgenden Kriterienkatalog aus:

  1. Die Wirtschaftsaktivität liefert einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines oder mehrerer der sechs übergeordneten Umweltziele.
  2. Die Aktivität beeinträchtigt gleichzeitig nicht eines oder mehrere der anderen Umweltziele (do-no-harm).
  3. Die Aktivität wird unter Einhaltung des Mindestschutzes der Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte und der Arbeitsrechtsnormen der internationalen Organisationen ausgeübt.
  4. Die Aktivität etabliert Transformationspfade im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens für Branchen und Sektoren.
  5. Die Aktivität fordert und fördert unternehmerische Klimaziele im Einklang mit den Transformationspfaden.
  6. Bei der Aktivität entstehen keine falschen – d.h. mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens nicht kompatible – „lock-in“-Effekte durch öffentliche Gelder.
  7. Die Aktivitäten verbessern die Berichterstattung und Datenlage zu nachhaltigkeitsrelevanten Informationen.

Es gilt jedoch zu beachten, dass die als ökologisch nachhaltig definierten Wirtschaftsaktivitäten auch im Hinblick auf ihre Effektivität zu unterscheiden sind. Auch dazu gibt die EU-Taxonomie Standards vor.

Wirtschaftlich nachhaltige Aktivitäten können laut der Verordnung in drei Kategorien im Hinblick auf deren Wirkung auf die Umweltziele unterteilt werden:

  • Low-carbon activities (Aktivitäten für weniger CO²): Wirtschaftsaktivitäten, die „im absoluten Sinne“ und im Endeffekt weniger Treibhausemissionen zum Ziel haben.
  • Transition(ing) activities (Aktivitäten im Übergang): Wirtschaftsaktivitäten, die bereits heute „deutlich niedrigere Treibhausemissionen als der Industrie- oder Branchendurchschnitt“ aufweisen und „die Verknüpfung mit CO²- intensiven Prozessgütern vermeiden“; Aktivitäten, die bereits im Transformationsprozess sind.
  • Enabling activities (erleichternde und befähigende Aktivitäten): Wirtschaftsaktivitäten, die Emissionsminderungen „in einem anderen Sektor“ ermöglichen.
Was heißt das konkret für die kommende Berichtssaison?

In der kommenden Berichtssaison gelten die Angabepflichten für die Bereiche „Eindämmung des Klimawandels“ (climate change mitigation) und „Anpassung an den Klimawandel“ (climate change adaption).

In der Nichtfinanziellen Erklärung sind zu diesen Aspekten jeweils bezogen auf die Kennzahlen Umsatzerlöse, Investitionsausgaben und Betriebsausgaben die nachfolgende Angaben zu machen:

  • Zuordnung zu einer Wirtschaftsbranche (z.B. manufacturing)
  • Beschreibung der erfassten Technologien und Prozesse
  • Kriterien für Anpassung an den Klimawandel bzw. dessen Eindämmung
  • Beschreibung der erfassten Technologien und Prozesse
  • Kriterien für Anpassung an den Klimawandel bzw. dessen Eindämmung
  • Beschreibung des Ursache-Wirkungsprinzips für die Transformation
  • Beschreibung der Grenzwerte, die eingehalten werden müssen
  • Beschreibung der „do no harm“-Kriterien
Welche Pflichten für den Aufsichtsrat ergeben sich daraus?

Der Aufsichtsrat ist bereits heute für die Prüfung der Ordnungs-, Zweck- und Rechtmäßigkeit der Nichtfinanziellen Erklärung verantwortlich. Diese Verantwortlichkeit erstreckt sich künftig auch auf die Angaben im Sinne der EU-Taxonomie.

In der praktischen Auslegung bedeutet dies für den Aufsichtsrat, dass er sich analog des Jahresabschlussprozesses inhaltlich mit den Angaben der Nichtfinanziellen Erklärung auseinandersetzen und die Aussagen auf Plausibilität prüfen muss. Mit den neuen verpflichten Angaben im Sinne der EU-Taxonomie steigt die Komplexität in der Sachverhaltsprüfung.

Die Nichtfinanzielle Erklärung selbst unterliegt nicht einer verpflichtenden inhaltlichen Prüfung durch den Abschlussprüfer. Dieser hat lediglich zu prüfen, ob Bericht erstattet wurde. Eine freiwillige Prüfung durch den Abschlussprüfer gilt es, gesondert zu beauftragen.

Für Finanzmarkt-Akteure schreibt die EU-Taxonomie weitere Aspekte (Art. 8 der Taxonomie-Verordnung) vor, die vom Aufsichtsrat zu beachten sind. So sind hier externe Überprüfungen und Gutachten verpflichtend zu erstellen.

Die wirtschaftliche Bedeutung der EU-Taxonomie

Angaben zu Nichtfinanziellen Kriterien gewinnen zunehmend mehr an Bedeutung in Fragen der Unternehmensfinanzierung. Dies betrifft sowohl die Eigenkapital- wie Fremdkapitalfinanzierungsseite.

ESG Ratings sind bereits heute bei vielen Investitionsentscheidungen eine wichtige Grundlage. Die Angaben in der Nichtfinanziellen Erklärung schaffen hierfür die erforderliche Transparenz.

Die Angaben im Sinne der EU-Taxonomie werden künftig eine wesentliche Rolle bei der Vergabe von EU-Fördermitteln spielen.

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