Management Alliance GmbH

Erna-Maria Trixl: „Widersprüchlichkeiten aushalten können“

Erna-Maria Trixl ist Expertin für Energie und Telekommunikation – und ab März 2022 Mitglied des Non-Executive Board der börsennotierten britischen The Renewables Infrastructure Group (TRIG). Im Kurz-Interview berichtet sie von kulturellen Unterschieden beim Onboarding und Herausforderungen der heutigen Aufsichtsrats-Arbeit.

Sie beginnen ein neues Mandat bei einem britischen Fonds für Erneuerbare Energien im März – wie haben Sie den Recruiting-Prozess und das Onboarding erlebt?

Das Recruiting lief über einen Headhunter. Der hatte europaweit gesucht, und war über eine Empfehlung aus Hamburg auf mich gestoßen. Das war jemand, der wusste, dass ich den Qualifizierten Aufsichtsrat gemacht habe. Meine operative Managementerfahrung mit Energie und Investitionen in Erneuerbare war ausschlaggebend. Es gab mehrere Gesprächsrunden, mit den Managern, mit dem Board, mit der Vorsitzenden. Der Prozess streckte sich über mehrere Monate. Letztendlich habe ich mich gegen den Wettbewerb durchgesetzt – und das ist ein gutes Gefühl! Das Onboarding war Hands-on und Learning by doing. Es startete im November mit einem zweitägigen Strategieworkshop, zu dem ich als Beobachter geladen war. De facto war ich voll mit drin, habe Fragen gestellt und mitdiskutiert. Seitdem lief es sehr pragmatisch.

Was ist Ihre persönliche Aufsichtsrats-Mission?

Im konkreten Fall ist meine Mission, die Interessen der Investoren zu schützen. Wir müssen für unsere Projekte, europaweite Investitionen in Erneuerbare Energien, die richtige Strategie in Sachen Geografie und Technologie finden. Gleichzeitig ist es unsere Aufgabe, sicherzustellen, dass es zwischen den Fonds-Managern und den Investoren keine Interessenskonflikte gibt.

Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die größten Herausforderungen in der Aufsichtsrats-Arbeit?

Neben dem hohen Wettbewerb konkret im Bereich Erneuerbare ist derzeit die größte Herausforderung für die generelle Arbeit in Aufsichtsräten, systemische Risiken erkennen zu können. Damit meine ich auch, dass wir Herausforderungen erkennen müssen, die wir bisher noch nicht auf dem Schirm haben. Covid – und auch die resultierende Chipkrise – sind beste Beispiele. Hierzulande wurden Chips bisher nur als Kostenfaktor gesehen. Wir denken zu sehr in Kategorien von Effizienz – stattdessen braucht es ein systemisches Risikomanagement. Das setzt einen gewissen Mut zur Lücke voraus: Selbst wenn wir es nicht komplett bewerten können, lass es uns dennoch auf die Landkarte nehmen. Auch hier ein Beispiel: Wie geht es mit der Windenergie in Zeiten des Klimawandels weiter? Im vergangenen Jahr ist der Ertrag aus der Windenergie europaweit um 15 Prozent gesunken. Wir wissen trotz erster Studien nicht, wie es weitergeht, trotzdem müssen wir Strategien entwickeln, um damit umzugehen.

Was sind für Sie die wichtigsten Erfolgsfaktoren in der Aufsichtsrats-Arbeit?

Die heutige Arbeit von Aufsichtsräten ist ein permanentes Spannungsfeld. Denn einerseits wird von Aufsichtsräten Detailwissen aus der Operative verlangt. Man darf also nicht so weit weg sein wie vor zehn, zwanzig Jahren. Trotzdem müssen wir die richtige Distanz und Flughöhe behalten, um den Blick fürs Wesentliche nicht zu verlieren. Mit dieser Widersprüchlichkeit muss man umgehen können. Insgesamt wird Diversität immer wichtiger. Damit ist nicht nur Inklusion verschiedener Lebenswirklichkeiten gemeint, sondern auch der Wille und die Bereitschaft, all diese unterschiedlichen Sichtweisen in den Diskussionsprozess ernsthaft einfließen zu lassen. Nur so können wir der Komplexität der heutigen Welt und den aktuellen Transformationsprozessen begegnen und zu besseren Entscheidungen – und letztendlich Ergebnissen – kommen.

Wie lautet Ihr persönlicher Tipp für erfolgreiches Netzwerken in der Aufsichtsrats-Community?

Nutzen Sie bestehende Netzwerke wie beispielsweise das der Management Alliance. Dort können Sie im geschützten Raum Menschen mit der gleichen Intention und ähnlichen Interessen treffen – und die oben genannten Widersprüche und Herausforderungen offen diskutieren.

Was wünschen Sie sich für Ihr Aufsichtsrats-Jahr 2022?

Fordern Sie von Ihren Vorständen eine mit konkreten Maßnahmen unterlegte Dekarbonisierungsstrategie oder Klimastrategie ein. Nur so ist das Unternehmen in der Lage, sich ambitionierte und erreichbare CO2-Reduktionsziele zu setzen und zu kommunizieren. Damit erhalten Sie sich beim ESG-Progress-Reporting – Stichwort EU-Taxonomie – die Deutungshoheit und werden nicht zum regulatorisch Getriebenen. Sie können mit den Anteilseignern glaubwürdig kommunizieren und schützen das Unternehmen vor opportunistischen Machenschaften jener aktivistischen Investoren, die das Thema Nachhaltigkeit für ihre Zwecke missbrauchen. Und die Arbeitgeberattraktivität steigt, insbesondere für Millenials und die noch Jüngeren.

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