Ich liebe Veränderung – und meinen Job!
Tatjana Utz-Erhardt ist eine echte Powerfrau, das zeigt sich auch daran, dass sie (die 6-köpfige) Familie und Beruf bestens unter einen Hut bringen kann. Die Möglichkeit für Home-Office hat sie bereits vor vielen Jahren und damit vor dem großen Change in der Arbeitswelt für sich durchgesetzt – und das als (erster weiblicher) Vorstand in der Unternehmensgruppe Schwarz (Lidl/Kaufland). Dass gute Organisation und strategisches Geschick eine gute Basis für Erfolg sind, dafür spricht auch der berufliche Werdegang der 46-Jährigen. Nach dem Studium zur Diplom-Betriebswirtin konnte sie sich aus zahlreichen Angeboten den Job aussuchen, und ist heute, nach 27 Berufsjahren und spannenden beruflichen Stationen etwa als COO der Genuss & Harmonie Holding GmbH, Senior Advisor im Transformation & Sustainability Squad bei der H&Z Unternehmensberatung AG. Immer neue Fähigkeiten zu erwerben, das ist für Utz-Erhardt ein absolutes Bedürfnis. Den Zertifizierungskurs zum Oxford Leading Sustainability Programme hat sie im Juli 2022 mit einem überdurchschnittlich guten Ergebnis bestanden. Im Januar 2022 hat sie zudem die Prüfung zur qualifizierten Aufsichtsrätin der deutschen Börse AG erfolgreich absolviert. Wie sie zur Aufsichtsratsarbeit kam, erzählt sie uns im Interview.
1. Was ist Ihre Motivation für die Aufsichtsratsarbeit?
Ich kenne meine Stärken sehr gut und weiß auch, wie Aufsichtsräte arbeiten, vor welchen Herausforderungen sie stehen. Vor einigen Jahren wurde mir klar, dass ich echte Wertschöpfung generieren kann, wenn ich mich als Aufsichtsrätin engagiere. Meine Stärke liegt in der Analyse, Strategie und Transformation. Wenn ich in ein Unternehmen komme, erfasse ich sehr schnell – intuitiv und durch meine Erfahrung – die Stärken und Schwächen „im System“. In der Versicherungsbranche und im Handel fühle ich mich zu Hause, kenne durch meine Tätigkeit bei Beratungsunternehmen aber auch viele weitere Branchen. Deshalb bin ich für meine Arbeit als Aufsichtsrätin nicht auf eine bestimmte Branche festgelegt. Zusätzlich zu meiner breiten Branchenkenntnis kann ich Menschen gut mitnehmen in neue Bereiche, neue Aufgaben. Das ist gerade für Transformationsprozesse wichtig. Menschen haben naturgemäß Respekt vor Neuem. Diese Sorge oder Angst durch Einfühlungsvermögen und überzeugende Argumente zu nehmen, das ist eine wesentliche Stärke, die ich gerade auch gut in die Arbeit im Aufsichtsrat einbringen kann und möchte.
2. Was war Ihr Antrieb, sich als qualifizierte Aufsichtsrätin zertifizieren zu lassen?
Ich wollte für diese verantwortungsvolle Arbeit perfekt gerüstet sein und habe dank der großartigen Arbeit von Gabriele Bornemann noch viel mehr bekommen als ein Zertifikat. Denn der Kurs bei der Management Alliance ist die beste Weiterbildung, die ich je in meinem Leben absolviert habe. Neben der Theorie haben wir in unserem 9-köpfigen Team sehr viel an Praxisfällen erprobt und interagiert. Das war genau auf mich zugeschnitten. Ein weiterer Aspekt ist die Möglichkeit, über diese Zertifizierung mein Netzwerk zu erweitern.
3. Was sind aus Ihrer Sicht die aktuell größten Herausforderungen in der Aufsichtsratsarbeit?
Veränderung ist normal und nichts Neues. Aber nie zuvor waren Unternehmen und damit auch das Kontrollorgan, der Aufsichtsrat, mit solch kurzen Veränderungszyklen konfrontiert wie heute. Das erfordert ein hohes Maß an Flexibilität im strategischen Vorgehen. Immer wieder adjustieren, stetig analysieren und in die Strategie überführen. Für mich bildet Nachhaltigkeit all das ab. Nachhaltigkeit steht für die Notwendigkeit und gleichzeitig die Chance von Veränderung und betrifft alle Bereiche – Digitalisierung, Optimierung von Lieferketten ebenso wie die großen Veränderungsprozesse in der Arbeitswelt. Nachhaltiger Erfolg bedeutet, die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens zu sichern. Hierzu trägt der Aufsichtsrat im Rahmen seiner ureigensten Aufgabe von Kontrolle, Beratung und Gestaltung genauso bei wie der Vorstand und alle Mitarbeitenden eines Unternehmens.
4. Was sind für Sie die wichtigsten Erfolgsfaktoren in der Aufsichtsratsarbeit?
Zu kontrollieren und andererseits zu beraten – das ist eine Gratwanderung und zugleich ein Gradmesser, ob ein Aufsichtsrat einen guten Job macht oder nicht. Wenn das gelingt, kann ein Aufsichtsrat einen großen Mehrwert für das Unternehmen generieren. Auch sollten Aufsichtsräte gute Teamplayer sein, schließlich treffen die unterschiedlichsten Persönlichkeiten in diesem Gremium zusammen, und diese sind gestandene, eigenständig arbeitende Führungspersönlichkeiten. Ich bin schon enorm gespannt auf den Mix meines ersten Aufsichtsratsmandats!
Ein guter Aufsichtsrat ist ein guter Zuhörer und ein ebenso guter Fragensteller. Auch hier sehe ich meine Stärke – die entscheidenden Themen durch gezielte Fragen anzutriggern, darauf freue ich mich sehr.