Schwierige Aufgaben auf unbekanntem Terrain zu lösen, das macht mir Freude!
Matthias Weber ist Finanzvorstand der Hexal AG mit Sitz in Holzkirchen, Bayern. Daneben übt er vier konzerninterne Aufsichtsratsmandate aus, davon zwei als Vorsitzender sowie ein externes Mandat als Aufsichtsratsvorsitzender bei der börsennotierten Softing AG in Haar bei München. Bei den internen Mandaten handelt es sich um zweistufige mitbestimmte Aufsichtsräte in Deutschland, Slowenien und Österreich sowie ein Joint Venture nach dem angelsächsischen einstufigen Model in Irland. Seine berufliche Laufbahn begann Weber mit einer Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Landesbank Stuttgart und studierte anschließend Betriebswirtschaft an der Universität des Saarlandes (Dipl.-Kfm.) und der Henley Business School in London (MBA). Nach ersten Erfahrungen im Venture Capital wechselte er zur Novartis nach Basel, wo ihn dann seine Karriere zu mehreren Auslandsstationen als Chief Financial Officer nach Frankreich, Großbritannien und Osteuropa führte.
Sein wachsendes Interesse an Fragen der Strategie und Führung lenkt Matthias Weber zunehmend weg von Finanzthemen und dem Arbeiten mit Zahlen, hin zu neuen strategischen Aufgaben, dem Interagieren mit Menschen. „Ich wachse immer mehr aus den klassischen Finanzaufgaben wie Buchhaltung und Controlling heraus, kümmere mich bei der Hexal AG um Governance und die Repräsentation unseres Unternehmens, vor Entscheidern aus der Politik zum Beispiel. Es macht mir einfach enorme Freude, mich mit neuen Themen und Interessensgruppen auseinanderzusetzen“, erzählt uns Weber.
Die Arbeit als Aufsichtsrat ist für Weber genau die richtige Plattform für neue Aufgaben und Herausforderungen. Dass die externe Aufsichtsratsarbeit deutlich zeitintensiver ist, wie er uns selbst berichtet, hält ihn nicht davon ab, sich noch ein weiteres Mandat zu wünschen. Damit liefert Weber den besten Beweis dafür, dass man an seinen Aufgaben wächst. Um sich für seine Aufsichtsratsaufgaben zu rüsten, hat er gleich die Zertifizierung zum „Financial Expert“ absolviert und die zum „Qualifizierten Aufsichtsrat“ übersprungen. Nach 20 Jahren als Finanzvorstand ist dies legitim und so auch von der Deutschen Börse abgesegnet worden.
1. Was war Ihr Antrieb, sich als qualifizierter Aufsichtsrat zertifizieren zu lassen? Und wie sind Sie überhaupt zur Aufsichtsratsarbeit gekommen?
Die Aufsichtsratsarbeit interessiert mich primär aus einem Grund: Ich bin in diesem Gremium gezwungen, mich in komplett neuen Strukturen zurechtzufinden. Als Aufsichtsrat soll ich kontrollieren, aber ich kann dem Geschäftsführer nicht vorschreiben, was er zu tun hat – zumindest nicht auf die gewohnte Art eines Vorgesetzten. Und einen Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat kann ich auch nicht mit dem klassischen Instrumentarium einer Führungskraft begegnen. Vielmehr muss ich seine Motivation verstehen, seine Sorgen und kann dann darüber einen bestmöglichen Konsens mit ihm finden. Für gute Aufsichtsratsarbeit, insbesondere als Vorsitzender, braucht es deshalb neben dem fachlichen Knowhow jede Menge Geschick im Umgang mit Menschen, eine gute Intuition.
Für die Zertifikation habe ich mich aus zwei Gründen entschieden: Zum einen liegt mein Studium nun schon etliche Jahre zurück, und entsprechend viel Veränderung gab es im Regelwerk. An so etwas wie den Deutschen Corporate Governance Kodex zum Beispiel war zu der Zeit meines Studiums noch nicht zu denken. Beim Training von Gabriele Bornemann habe ich all diese Themen schnell und nachhaltig auffrischen können. Zum anderen wird eine Zertifizierung bei der Vergabe von Aufsichtsratsmandaten sehr wohlwollend quotiert, und die Zertifikate der Deutschen Börse haben einen ausgezeichneten Ruf. Von den in Frage kommenden Kursanbietern hat mich Gabriele Bornemann von Management Alliance bereits bei der ersten Kontaktaufnahme aufgrund ihrer Individualität und Flexibilität in der Kursgestaltung überzeugt.
2. Was sind aus Ihrer Sicht die aktuell größten Herausforderungen in der Aufsichtsratsarbeit?
Bei der Aufsichtsratsarbeit in Deutschland besteht eine der größten Herausforderungen darin, die Informationslücke zwischen Vorstand und Aufsichtsrat zu verringern. Denn beim deutschen Zweistufenmodell hat der kontrollierende Aufsichtsrat – mit Ausnahme vom Prüfungssauschuss – keine Möglichkeit, direkt Informationen im Unternehmen abzufragen. Hier kann eine gute Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsprüfer hilfreich sein, der ja in der „Post-Wirecard World“ zunehmend unter Druck gerät genau zu prüfen und sich ein realistisches Bild zu verschaffen. Gerade bei externen Mandaten muss sich ein Aufsichtsrat die Kenntnisse über das Unternehmen und den Markt erst Schritt für Schritt aufbauen. Das ist ein langer Weg und kostet Zeit! Im angelsächsischen Raum ist das anders gelöst. Hier arbeiten der Vorstand, die Geschäftsführung engstens mit dem Aufsichtsrat in gemeinsamen Board Meetings zusammen. Allerdings ist die durch einen deutschen Aufsichtsrat ausgeführte Kontrollfunktion deutlich besser gewährleistet.
Hinzu kommt, dass durch die vielen und engen Regulatorien und die begrenzte Anzahl von Sitzungen wenig Spielraum für wertsteigernde Akzente bleibt. Da gilt es Geduld zu haben, denn man baut auch hier Erfahrungswerte auf, und die machen es dann wiederum möglich, Zeit für Fragen und Impulse „außerhalb des Tagesgeschäfts“ freizuschaufeln – für die großen Zukunftshemen. Dies ist auch ein Argument dafür, dass Aufsichtsräte möglichst länger als eine Periode aktiv sein sollten.
3. Wie lautet Ihr persönlicher Tipp für erfolgreiches Netzwerken in der Aufsichtsratscommunity?
Ein Mandat zu bekommen – und das gilt sowohl für externe als auch interne Mandate – kann anstrengend und aufwendig sein. Und: Für Mandate nützen meist die bestehenden, durch die berufliche Laufbahn aufgebauten Kontakte zu Headhuntern oder Industriekollegen eher wenig. Sie müssen neue Kontakte knüpfen und dabei sehr gezielt, strategisch vorgehen. Machen Sie sich klar, wer am Ende tatsächlich Namen ins Spiel bringt. Das sind die Eigentümer, aber auch bereits bestehende Aufsichtsräte.
4. Was wollen Sie als Aufsichtsrat bewegen und verändern?
Erst wenn ich die Pflicht absolviert und dafür gesorgt habe, dass das Unternehmen und seine Organe nach den Complianceregeln arbeiten und performen, kann ich überhaupt erst zur Kür übergehen. Und die besteht für mich darin, einen nachhaltigen Beitrag zur Wertsteigerung des Unternehmens zu leisten. Dazu versuche ich bewusst, in der limitierten (Sitzungs-) Zeit Freiräume zu schaffen, um über Nominierungen und als Sparringspartner in strategischen Fragen diesen Beitrag zu leisten. Hier hilft mir sicher auch meine Ausbildungzum Business Coach, wo ich gelernt habe, nur durch gezieltes Fragen und Nachhaken Veränderungen zu bewirken.
Ich freue mich auf weitere Diskussionen und Anregungen, wie ein Aufsichtsrat zur Kür der Wertsteigerung beitragen kann.