Management Alliance GmbH

Behind the Scenes: Dr. Thomas Stockmeier

Innovator mit Leib und Seele und Missionar für gute Diskussionskultur

Wie schnell kann es passieren, dass man beim Laufen und gleichzeitigen Schauen aufs Handy gegen eine Laterne prallt oder sogar auf die Fahrbahn gerät. Unser Gesprächspartner Dr. Thomas Stockmeier leitete bei der ams-Osram AG unter anderem Forschungsprojekte, die genau solche Abläufe besser synchronisieren sollen, mittels „intelligenter Brillen“ z.B., die uns alle möglichen Arten von Informationen bequem und sicher direkt „vor die Linse“ bringen. Stockmeier war bis zu seinem Renteneintritt Mitglied des Vorstandes und Chief Technology Officer der ams-Osram AG. „Disruptive Innovationen zu entwickeln, gehört zu meinen Lieblingsaufgaben in der Forschung“, sagt er. Entsprechend gehen so einige der 15.000 eingetragenen Patente des österreichischen Unternehmens auf ihn zurück. Und der Erfindergeist ruht nicht. „Ich habe immer Ideen über technologische Neuerungen im Kopf, über die ich nachdenke, mir Notizen mache“, erzählt er. Dort, wo der der promovierte Werkstoffwissenschaftler sich engagiert, muss Innovationsgeist zum Tagesgeschäft gehören.

1. Was war Ihr Antrieb, sich als qualifizierter Aufsichtsrat zertifizieren zu lassen?

Als wir vor wenigen Jahren das deutsche Traditionsunternehmen OSRAM übernahmen, wurde ich Mitglied des Aufsichtsrates der OSRAM Licht AG und des Aufsichtsrates der Osram GmbH. Da war die Ausbildung zum zertifizierten Aufsichtsrat 2020 genau das Richtige. Kurz darauf übernahm ich den Vorsitz in beiden Gremien. Mit Unterstützung von Gabriele Bornemann und dem positiven Druck der Prüfung habe ich mir ein sehr gutes und hilfreiches Fundament erarbeitet, eine Weiterbildung, die ich Aufsichtsrätinnen und -räten nur empfehlen kann. So bestens geschult kann ich mir weitere Aufsichts- oder Beiratsmandate in technologisch geprägten Unternehmen sehr gut vorstellen.

2. Was sind aus Ihrer Sicht die aktuell größten Herausforderungen in der Aufsichtsratsarbeit?

Als Aufsichtsrat muss man einen Spagat meistern: zwischen dem Auftrag der Aktionäre und dem Wust an gesetzlichen Vorgaben. Sich hier nicht in Formalien zu verlieren und den Kurs des Vorstandes im Blick zu behalten, das ist schon eine echte Herausforderung. Die Dualität von Aufsicht und partnerschaftlicher Beratung ist knifflig. Das geht nur mit Vertrauen gegenüber Vorstand und Aufsichtrat.

Als Aufsichtsrat muss ich mich fragen, ob alles glaubwürdig ist, was in der Strategie dargestellt wird. Für die „normalen“ Themen gibt es klare Richtlinien. Aber gerade bei technologischen und strategischen Fragen, wenn es tiefer in das Produkt und in die Prozesse geht, fangen viele Aufsichtsräte an zu schwimmen. Deshalb ist es so wichtig, dass in einem Aufsichtsrat alle Kompetenzen vorhanden sind, das Gremium divers zusammengesetzt ist. Ich habe in meinem Arbeitsleben immer Menschen gesucht, die mich herausfordern, andere, neue Ideen und Perspektiven einbringen. Als Aufsichtsratsvorsitzender lege ich entsprechend großen Wert auf Diversität, weil wir so die Möglichkeit haben, besser zu entscheiden. In unserem Hauptsitz in Premstätten bei Graz haben wir z.B. 40 Nationen miteinander vereint. Dieses internationale Flair, die Vielfalt an Erfahrungen empfinde ich als große Bereicherung – für unsere Unternehmen und für mich persönlich.

3. Wann macht ein Aufsichtsratsmitglied einen guten Job?

Der Erfolg wird von Quartal zu Quartal gemessen – zuerst natürlich an den Zahlen, die stimmen müssen. Ein Erfolgsmesser ist für mich auch, ob die Basis für nachhaltiges Wachstum steht, was man recht klar aus Marktanalysen ableiten kann. Ist mein Boot seetüchtig, so dass es auch in rauer See bestehen kann? Das sind die Fragen, die wir Aufsichtsräte stellen müssen. Wir müssen allerdings aufpassen, uns nicht als den besseren Vorstand zu verstehen. Das ist eben die Kunst: sich zurückzuhalten und dennoch nicht lockerzulassen, wenn es darauf ankommt.

4. Was wollen Sie als Aufsichtsrat bewegen und verändern?

Ich möchte mit meiner Aufsichtsratsarbeit die Innovationsfähigkeit von Unternehmen unterstützen. Aus mehr als drei Jahrzehnten im Business weiß ich wie schwer es ist, gerade die alles in Frage stellenden disruptiven Innovationen ins Unternehmen zu tragen. Denn vollkommen neue Wege zu gehen, das ist unbequem, birgt Risiken, macht Angst. Aber: Das Risiko lohnt sich, ja ist sogar oft entscheidend für den langfristigen Erfolg, das Fortbestehen eines Unternehmens. Der Aufsichtsrat hat den kühlen Kopf, um genau solche Prozesse einzufordern, oder, um es sprichwörtlich zu sagen, ist nicht mit der Nase so nah am Schleifstein wie der Vorstand. Die Innovationskraft eines Unternehmens ist auch für Investoren und Analysten ein wichtiges Indiz für ein wirtschaftlich gut aufgestelltes Unternehmen. Und für Arbeitnehmer! Junge Menschen stellen heute einfach viel mehr die Frage nach dem Sinn ihrer Tätigkeit, ob sie damit nachhaltig etwas bewegen können. Somit ist Innovationskraft auch schnell ein Personalthema, ein Kriterium für Fachkräftegewinnung.

Im Kern geht es um die Frage: Wie schaffe ich es, eine offene Diskussion im Aufsichtsrat in Gang zu bringen. Hierfür kann ich echten missionarischen Eifer an den Tag legen. Eine gute Streitkultur ist anstrengend, kommt nicht über Nacht, braucht auch Kommunikationstechniken – aber zahlt sich am Ende aus. Denn lebendige Sitzungen sorgen einfach für gute Ergebnisse in der Aufsichtsratsarbeit.

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